Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages Norbert Röttgen warnt in einem Deutschlandfunk-Interview davor, sich vom türkischen Präsidenten Erdogan provozieren zu lassen. Es wäre zwar wünschenswert, wenn der türkische Referendums-Wahlkampf nicht in Deutschland ausgetragen würde, aber Verbote seien keine geeignete Antwort. Die Türken müssten aber für ihr Abstimmungsverhalten wissen, dass ein Ja zum Erdogan-Referendum eine Abwendung von Europa bedeute.
Den vollständigen Text des DLF-Interviews mit Norbert Röttgen vom 6. März 2017 finden Sie hier.
Unter anderem sagte Norbert Röttgen:
Zum Verfassungsreferendum in der Türkei:
„Wir sollten sagen, was wir in der Sache von dem Referendum halten. Das wird allerdings umso mehr geboten, je mehr auch Minister und andere hier es übernehmen, für das Referendum zu werben. Wir sollten klar sagen, worum es bei diesem Referendum geht: Darum, dass in der Person des Staatspräsidenten die Gewaltenteilung in der Türkei aufgehoben wird und damit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nicht mehr wirklich gelten in der Türkei. Darüber wird entschieden und wir sollten den Türken sagen, dass das gleichzeitig eine Entscheidung darüber ist, ob sie weiterhin sich zu Europa hinwenden wollen. Dann können sie nicht mit Ja stimmen, denn wenn das Verfassungswirklichkeit würde, dieses Referendum, dann wäre das eine Abwendung von Europa. Das müssen die Türken wissen und das sollten wir ihnen in der Sache sagen.“
Zu Auftritten türkischer Politiker In Deutschland im Zusammenhang mit dem Referendums-Wahlkampf:
„Ich glaube auch, dass das die normale Haltung in den Ländern ist, dass man sagt, wir klären unsere innenpolitischen Konflikte bei uns zuhause und nicht in anderen Ländern. Aber es wäre falsch, es (mit Verboten) durchzusetzen, weil das im Wege einer Schadensabwägung zu einer Eskalation führen würde, die falsch ist. Aber trotzdem, auch wenn man etwas nicht durchsetzt, rechtlich vor allen Dingen, kann man diese Meinung haben und kann diese Meinung auch mitteilen und darum bitten, dass sie respektiert wird. … Es gibt immer wieder Dinge, von denen man eine Meinung hat, und trotzdem setzt man nicht auf ein Verbot und trotzdem enthält man sich Maßnahmen, die im zwischenstaatlichen Verhältnis eine Eskalation bedeuten würde. Das ist, glaube ich, ein sehr souveränes und vernünftiges Verhalten. Wir eskalieren nicht, wir lassen uns auch nicht provozieren, und trotzdem darf man eine Meinung haben und sie auch kundtun.“
Zu Erdogans Vorwurf, Deutschland wende Nazi-Praktiken an:
„Sollen wir uns auf diesen Ton einlassen? Doch ganz sicher nicht! Und solche Provokationen, darauf nicht zu reagieren, das halte ich für Ausdruck von Vernunft, von außenpolitischer Vernunft, von innerer Souveränität. Und dieses Verhalten, das wir damit zeigen, ist kein Nichtverhalten, kein Nichtreagieren, sondern das ist Ausdruck von innerer Stärke, Souveränität und außenpolitischer Vernunft. So sollten wir uns verhalten und wir verhalten uns auch so. Und die Unterschiede im Verhalten sind für Jedermann in Deutschland und in der ganzen Welt sichtbar.“