Katholische Frauen wollen Gleichberechtigung

Die Antwort von Papst Franziskus auf die Reformvorschläge der Amazonas-Synode hat vielerorts Enttäuschung ausgelöst. Der neu gegründete „Catholic Women’s Council“ (CSC – Rat Katholischer Frauen) ist ein Dachverband für katholische Frauennetzwerke auf der ganzen Welt, die sich für die volle Anerkennung der Würde und Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche einsetzen. In Zusammenarbeit mit „Catholic Women Speak“, „Voices of Faith“ und anderen Einzelpersonen und Gruppen auf der ganzen Welt hat der CSC seine Besorgnis über die Darstellung von Frauen im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus zum Ausdruck gebracht. in der Stellungnahme wird anerkannt, dass in der poetischen Vision des Papstes für Amazoniens Kirche, seine Kulturen und seinen bedrohten ökologischen Reichtum große Einsicht und Weisheit steckt, doch zugleich zutiefst bedauert, dass Frauen wieder einmal nicht als voll einsetzbare und gleichberechtigte Teilnehmerinnen am Kampf für soziale und ökologische Gerechtigkeit und am sakramentalen Leben der Kirche geachtet werden.

Den folgenden Text können Sie hier ausdrucken.

Im Wortlaut: Querida Amazonia von Papst Franziskus

Stellungnahme des „Catholic Women’s Council“(CSC) zum Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus

Quelle: https://catholicwomenspeak.com/

Ort und Datum der Stellungnahme: Rom, 13. Februar 2020

Papst Franziskus macht mit dem Ausschluss von Frauen weiter

Gestern wurde der nachsynodale Appell „Querida Amazonia“ veröffentlicht. Mit sehr feinem Gespür erörterte das Schreiben die Probleme der Armut, der Ausbeutung, der kulturellen Kolonialisierung, der Migration und der Umweltzerstörung, denen die Amazonas-Region gegenwärtig ausgesetzt ist. Es ermutigte zum Dialog und zur Wertschätzung des einzigartigen Beitrags der indigenen Völker zur Gestalt der Weltkirche.

Was bei diesem Appell jedoch am meisten auffiel, war die Tatsache, dass er keinen Ausweg aus den großen Notlagen wies, die das Vorbereitungsdokument für die Amazonas-Synode dem Vatikan vor Augen geführt hatte. Stattdessen schien es so, als sei der Zweck des Schreibens eine weitere Distanzierung von jeglichem konkreten oder mutigen Reformvorschlag zur Lösung der drängenden Probleme, mit denen die Amazonas-Region konfrontiert ist. Der Papst empfahl zwar die Lektüre des Schlussdokuments der Amazonas-Synode, klärte aber nicht die darin enthaltenen Fragen und offenen pastoralen Vorschläge. „Querida Amazonia“ schlug keine konkreten Antworten oder Lösungen für diese Fragen und Anliegen vor.

Eine der Schlüsselfragen, die die Kirche Amazoniens dem Vatikan vor Augen geführt hatte, waren die formelle Anerkennung des Amtes von Frauen und die Möglichkeiten des sakramentalen Rückhalts für ihren engagierten Dienst in der Kirche. Statt konkreter neuer Vorschläge und Lösungen gab es jedoch lediglich fünf Absätze mit dem Titel „Die Kraft und die Gabe der Frauen“.

In diesem Abschnitt schreibt der Papst über die großartige, oft unverzichtbare Arbeit, die die Frauen in der Kirche leisten, obwohl diese Arbeit nicht offiziell anerkannt wird. Bedauerlicherweise wird die ausgrenzende Tradition, wonach die Kirche den Frauen einen „besonderen“ Platz zuweist, durch diese Würdigung der Rolle der Frauen nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar verstärkt. Diese Tradition beschreibt Frauen in einer romantisierenden und idealisierenden Weise. So erzeugt sie den Eindruck, dass die Rolle der Frauen in gewisser Weise außergewöhnlich ist – dass sie sich vom menschlichen Normalmaß abhebt oder darüber hinausgeht. Daraus folgt, dass die Grundform des Menschseins, das Subjekt christlicher Anthropologie und Moraltheologie, männlich ist. Demgegenüber wird der Frau weiterhin eine „besondere“, einzigartige Aufgabe zugewiesen; sie umfasst nicht jene Vielfalt, jene Freiheit und jene Charismen, die der „Grundform“ vorbehalten sind.

Der schockierende Ausdruck dieser Geisteshaltung wird in Ziffer 101 des Appells skizziert. Dort schreibt der Papst, Gott habe seine Macht und Liebe durch zwei menschliche Gesichter gezeigt: Christus und Maria. Indem er sie nebeneinander stellt, suggeriert er, dass Männer dem ersten (Christus) und Frauen dem zweiten (Maria) ähnlich sind. Dies steht im Gegensatz zu der Lehre, dass sowohl Frau als auch Mann nach dem Bilde Gottes geschaffen sind und damit beide ein „Alter Christus“ [ein „anderer/zweiter Christus“] sind, sein können und sein sollen.

Die Theologie hinter der Formulierung von den zwei Gesichtern ist gefährlich, weil sie den Zweck hat, Frauen den ausnahmslosen Zugang zu allen Heilsmitteln zu verwehren. Denn es gibt einen wichtigen ontologischen Unterschied zwischen Jesus und Maria: Obwohl beide Menschen sind, ist Jesus zugleich Gott. Die Grundlage des christlichen Glaubens ist die Überzeugung, dass Christus die menschliche Natur in ihrer Ganzheit und nicht ausschließlich die männliche Natur angenommen hat und dass dank dieser Tatsache jeder Mensch erlöst werden kann, ja an Christi göttlicher Natur teilhat.

Wenn also Frauen ein Bild und Gleichnis nur von Maria sind, warum werden dann Frauen im Namen Christi getauft? Warum werden sie bei der Taufe zu Priesterinnen, Prophetinnen und Königinnen berufen, womit sie doch Anteil erhalten am Priesteramt, Prophetenamt und Königsamt Christi? Wie sollen sie den Begriff „Imitatio Christi“ verstehen, der für jede Art christlicher Spiritualität so fundamental ist? Und vor allem: Auf welcher Grundlage sollen sie erlöst werden, wenn sie an der Ebenbildlichkeit mit Christus keinen Anteil haben?

Gleichzeitig bleibt natürlich die praktische Frage, was denn diese „charakteristische Kraft“ [power] ist, die Frauen in der Kirche haben. Das Dokument scheint sagen zu wollen, dass sie in der Nachahmung der Mutterschaft Mariens besteht. Wie ist das zu verstehen? Wie sollte sich das für die Gemeinschaft der Gläubigen konkret manifestieren? Und wenn wir es einmal von diesem Standpunkt aus betrachten: Hängt dann die Bewertung und mit ihr die Geltung unserer Berufungen und Charismen allein von deren Ähnlichkeit mit der Mutterschaft ab?

Ein weiterer Punkt: Das Dokument bietet eine überzeugende Vision von einem inkulturierten Priestertums, das von den Werten der Seelsorge durchdrungen ist. Aber wenn der Klerikalismus ein dysfunktionaler Aspekt des heutigen Priestertums ist und die Inkulturation ein neues und vielfältigeres Verständnis dessen bietet, was es bedeutet, Priester zu sein, wäre dann nicht gerade die Weihe von Frauen mit all den Stärken, die Papst Franziskus ihnen zuschreibt, das bestmögliche Gegenmittel gegen die klerikale Denkart?

Der größte Teil des Dokuments spricht mit großem Respekt und großer Reife über die indigene Bevölkerung des Amazonasgebiets, über ihre Bedürfnisse und Sorgen. Es ermutigt die Weltkirche, ihren Meinungen und Erzählungen mit Feingespür und Aufmerksamkeit zuzuhören. Auffallend ist aber der Kontrast, mit dem Frauen in genau demselben Dokument behandelt werden: Allzu offensichtlich sind ihre Stimmen nicht gehört worden, allzu offensichtlich sind sie keine gleichberechtigten Partner für die Gestaltung der Zukunft der Kirche.

Trotz dieser eindeutig ausschließenden Botschaft werden wir, die Frauen vom Catholic Women’s Council, unsere Hoffnungen und Berufungen nicht aufgeben. Inspiriert durch das Beispiel unserer Glaubensschwestern aus dem Amazonasgebiet und in Nachahmung der syro-phönizischen Frau, die trotz der anfänglichen Zurückweisung durch Jesus (Mk 7,25-30) hartnäckig blieb, nehmen wir die Verantwortung für unsere Kirche in unsere Hände. Vereint werden wir für eine Kirche arbeiten, die jene Gleichheit und Würde verkörpert, die wir im Evangelium finden, und die uns lehrt, Christus nachzufolgen, wer auch immer wir sind.

(Deutsche Übersetzung:Barbara und Michael Mertes, 15.02.2020)

Organisationen:

AGENDA Forum katholischer Theologinnen e.V.

Catholic Women Speak

Donne per la Chiesa

FrauenKirche Zentralschweiz

Friends of Catholic Women’s Ordination

Future Church

In Bona Fide

KDFB

KDFB – Bundesverband

Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)

Voices of Faith

We Are Church Ireland

Women and the Australian Church (WATAC)

Women’s Ordination Conference

Einzelpersonen:

Alicja Baranowska, Catherine Cavanagh, Colette Joyce, Divya Heil (Gemeindereferentin, Katholische Pfarrei St. Christophorus Diezer Land), Edith O Nuallain, Franziska Driessen-Reding, (Präsidentin Synodalrat Zürich), Janet Lash, Jamie L. Manson, Joanna Malecka, Johanna Hart, Katarzyna Sroczyńska, Kate Sotejeff-Wilson, Kathleen McPhillips, Leslye Colvin, Lisa Kötter (Maria 2.0), Maja Szwedzińska, Maria Mesrian (Maria 2.0), Marianne Wanstall, Martha Heizer (Wir sind Kirche Österreich), Olly Dennis, Rocío Figueroa, Sister Hildegard Schreier MC (Ordensfrauen für MenschenWürde), Sister Mumbi Kigutha, Sister Teresa Forcades Vila, Sheila Pires, Stefanie Matulla (Women’s Ministry), Teresa Gręziak, Tracey McEwan , Virginia Saldanha, Zuzanna Radzik, Annie Scrimgeour, Maja Szwedzinska, Irene Mangone, Susan A. Ross, Lau Ura Martha, Andrea Hattler Bramson, Carol Burns, Gudrun Ernstbrunner, Dr Thérèse Craine Bertsch, Paula Carthy, Anne Smith,Katie Humphrey, Eileen DiFranco

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert