OSTERWORT 2017

Johannes Friedrich erinnert daran, dass die Auferweckung Jesu vom Tod das deutlichste Zeichen dafür ist, dass Gott den Tod nicht will, keinen Tod und schon gar nicht den, für den wir Menschen verantwortlich sind.

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Johannes Friedrich

Osterwort 2017

“CHRISTOS ANESTÄH, ALÄTHOS ANESTÄH” verstehen Sie das? “CHRISTOS ANE­STÄH – Christ ist erstanden!“ – und die Antwort ist: „ALÄTHOS ANESTÄ – er ist wahrhaf­tig aufer­standen”. So begrüßen die orthodoxen Griechen sich in der ganzen Osterzeit. Aber wer weiß das schon? Jedenfalls anscheinend nicht der damalige Kulturreferent der deutschen Botschaft in Athen, der vor vielen Jahren in der Woche nach Ostern auf einem Empfang auf den Athener Erz­bischof traf. Der grüßte ihn mit “CHRISTOS ANESTÄH” und der Kulturre­ferent antwortete: “Angenehm, Hofmann”.

Nun kann nicht jeder diesen griechischen Gruß kennen. Aber wer bei uns könnte etwas damit an­fangen, wenn er mit “CHRIST IST ERSTANDEN!”, begrüßt würde? Für viele unter uns ist sol­che eine Begrüßung unbekannt. Es ist kein Gruß aus der heutigen Lebenswirklichkeit. Denn man ist sich gar nicht so sicher, ob man das tatsächlich sagen kann: er ist wahrhaftig auferstanden. So mancher meint: an die Auferstehung zu glauben, ist für einen Christen nicht notwendig und solch ein Glaube ist eine Beleidigung unseres Verstandes. Denn wer kann so etwas heute noch glauben? “Christ ist erstanden!” diese Urbotschaft unseres christlichen Glaubens – können wir wirklich nur gegen unseren Verstand an ihr festhalten?

“Christ ist erstanden!” ist die Beschreibung eines Rätsels. Des Rätsels, wie es sein kann, dass ein Mensch nicht im Grab bleibt, dass er nicht nur in der Erinnerung weiter­lebt, sondern kör­perlich sichtbar Menschen begegnet. Oder bedeutet “Er ist wahrhaftig auferstanden” dies alles gar nicht? Ein Rätsel – in der Tat – und Rätsel möchten wir gerne auflösen.

Aber ist die Auferstehungsbotschaft tatsächlich ein Rätsel? Ich meine, die Auferstehung ist eher ein Geheimnis. Ein Geheimnis möchte man hüten, sich immer wieder damit beschäfti­gen, damit es geheimnisvoll auch für das eigene Leben fruchtbar wird. Wenn ich weiß, dass ein Geheimnis ein Geheimnis bleiben muss, dann brauche ich nicht meinen Verstand abzu­schalten, wenn ich von Auferstehung rede. Denn warum sollte es Gott nicht möglich sein, Je­sus aus dem Grab zu holen? Wir glauben an Gott, den wir allmächtig nennen – warum sollte es ihm ausgerechnet nicht möglich sein, seinen Sohn von den Toten aufzuerwecken? Aber ist das wirklich wichtig? Ist es nicht viel wichtiger zu fragen, was dieses Handeln Gottes für mich heute bedeutet?

Auferstehung bedeutet für mich: Gott will das Leben, er will, dass sein Sohn Jesus nicht im Tod bleibt; er will, dass der Tod auch über uns nicht das letzte Wort behält. Gott und Aufer­stehung sind deshalb nichts, was erschreckt. Erschrecken müssen nur die, die Gewalt anwen­den: die römi­schen Wachen. Denn die Botschaft, die der Engel ausrichtet, ist ja gerade die: Gottes Liebe hat die Gewalt besiegt, auch die Gewalt der römischen Soldaten. Für die Frauen am Grab dage­gen ist die Botschaft klar: Auferstehung bedeutet Freude, Lust auf Leben, La­chen, nicht Angst, nicht Furcht.

Ich finde es wichtig, dass es damals ausschließ­lich Frauen waren, die den Auftrag erhalten ha­ben, die frohe Botschaft weiterzugeben. Die männlichen Wachen erschraken und stellten sich tot. Die Frauen erschraken auch, aber sie waren dennoch aufnahmefähig für das Evangelium.

Mit großer Freude machen sich die Frauen also auf den Weg. Angst und Furcht sind ab sofort nicht mehr mit diesem Evangelium, dieser frohen Botschaft, zu vereinbaren. Der Tod wird regelr­echt ausgelacht. Deshalb gehört das Osterlachen, auch zur Osterzeit dazu. Und deshalb hat der fundamentalistische Prediger nichts vom Evangelium verstanden, von dem erzählt wird: Er hält seine Gemeinde in Angst und Schrecken. Er predigt vom jüngsten Gericht, darüber wie dort Heu­len und Zähneklappern sein wird. Alle, die versammelt sind, werden mit den Zähnen klappern, er kann gar nicht genug bekommen im Ausmalen dieser Situation. Bis es einem jun­gen Burschen zu dumm wird. Er schreit dazwischen: Und was ist mit denen, die ihre dritten Zähne nicht mehr da­bei haben? Der Prediger lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. „Kei­ne Angst, lieber Bruder, es wird dafür gesorgt sein, dass die Zähne rechtzeitig vorher verteilt werden.“

Nein, nach der Auferweckung Jesu vom Tod gibt es keinen wirklichen Grund mehr zur Furcht. “Fürchtet euch nicht!” das ist die eigentliche Botschaft von Ostern, ist der eigentliche Grund für unsere Freude und unser Lachen.

An die Auferstehung zu glauben bedeutet aber nicht nur, in große Freude versetzt zu werden, es bedeutet vor allem auch, einen Auftrag zu erhalten: die Verkündigung des Evangeliums. Unser aller Aufgabe ist es, die frohe Botschaft weiterzugeben. Auch Intellektuellen und Aka­demikern kann diese Botschaft weitergegeben werden.

In der heutigen Welt der Kommu­nikationsmittel ist es für uns Christen besonders wichtig, Me­thoden zu finden, die konkurrenzfähig mit anderen sind – und nicht nur Methoden und Me­dien, sondern auch Argumente, die konkurrenzfähig sind. Wir müssen ganz präsent in unserer heutigen Zeit leben, wenn wir den Auftrag erfüllen wollen, den die Auferstehung Jesu mit sich bringt, nämlich das Evangelium den Menschen nahe zu bringen.

Wir müssen die Methoden und die Denkweise unserer Zeit berücksichtigen, und deutlich se­hen, dass viele Menschen nicht bereit sind, gegen ihren Verstand zu glauben. Ihnen müssen wir deut­lich sagen: Die Rede von der Auferstehung Jesu ist nichts, was vom Verstand her un­möglich wäre. Die Auferweckung Jesu vom Tod ist das deutlichste Zeichen, dass Gott den Tod nicht will, keinen Tod und schon gar nicht den, für den wir Menschen verantwortlich sind.

Der Auftrag, die Botschaft von der Auferstehung weiterzutragen, bedeutet: Wir müssen Leben retten, wo immer wir Leben retten können. Der Auftrag, die Botschaft vom Sieg des Lebens über den Tod weiter zu tragen, bedeutet auch, dass wir außerordentlich kritisch sein müssen, wo im­mer Rechtfertigungen dafür gegeben werden, dass Gewalt angewendet wird.

Wir sehen: Das Geheimnis ist groß. Unsere Aufgabe einzigartig. Wir dürfen also fröhlich in Wort und Tat weitersagen: Jesus lebt, der Tod hat keine Macht mehr.
Dr. Johannes Friedrich (1948) war 1999 – 2011 Landesbischof i.R. der Evangelisch-Lutheri­schen Kirche in Bayern und 2001 bis Ende 2013 Mitglied im Rat der EKD. Von 1985 bis 1991 war er Propst zu Jerusalem, dann 1991 – 1999 Stadtdekan in Nürnberg.

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