WARUM TRUMPS ERFOLG FATAL IST

Stephan Eisel sieht in Trumps Erfolgsrezept bei den US-Präsidentschaftswahlen grundlegende Gefahren für die politische Kultur.

Bemerkenswerte Fakten:
1) Bei der Trump-Wahl 2016 haben weniger Bürger (125 Mio) abgestimmt als bei den Präsidentschaftswahlen 2012 (128 Mio) und 2008 (131 Mio).
2) Trump hat bei seinem Sieg weniger Stimmen (59,5 Mio) erhalten als Mitt Romney (2012: 60,9 Mio) und John McCain (2008: 59,9 Mio) bei ihren Wahlniederlagen.
3) Trump hat bei seinem Sieg mehr als 2 Millionen Stimmen weniger erhalten als Clinton.

 

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Stephan Eisel

Warum Trumps Erfolg fatal ist

Den Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftswahlen muss als Demokrat auch akzeptieren, wer das Ergebnis entsetzlich findet: Donald Trump wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Im amerikanischen auf Bundesstaaten bezogenen Mehrheitswahlrecht hat er sich klar durchgesetzt, auch wenn Hillary Clinton auf die ganze Nation bezogen mehr Stimmen erhalten hat.

In vielen Wahlanalysen wird nun vielfältige Ursachenforschung zu diesem überraschenden Wahlausgang betrieben werden. Aber noch wichtiger als die Frage nach den Ursachen ist die Frage nach den Folgen des Wahlerfolgs von Trump. Weil er erfolgreich war, wird er auch außerhalb der USA Nachahmer finden –  zumal Amerika schon immer Trendsetter war. Das wäre aber besonders dort fatal, wo es Trump zur Mehrheit verhalf:

1) Diskreditierung demokratischer Institutionen
Mit einem Wahlkampf gegen das „Establishment in Washington“ und für einen grundlegenden Wandel sind fast alle amerikanischen Präsidenten der letzten Jahrzehnte ins Amt gekommen – von John F. Kennedy über Ronald Reagan bis zu Bill Clinton und Barack Obama. Ihr Plädoyer für einen Neuanfang war aber durchweg von einem konstruktiven Grundton getragen. Trumps Ansatz war dagegen von Anfang an destruktiv – von der generellen Behauptung eines durchweg manipulierten politischen Systems über die globale Charakterisierung der Medien als korrupt („Lügenpresse“) bis zur (mit seinem Wahlsieg natürlich entfallenden) Behauptung, die Wahlen würden gefälscht. Trump hat mit solchen generellen Verunglimpfungen der demokratischen Kultur in den USA schweren Schaden zugefügt.

2) Nationale Abschottung
Trump hat weit über den traditionellen amerikanischen Hang zum Isolationismus hinaus offensiv für einen amerikanischen Nationalismus in bewusster Konfrontation zu internationalen Verbündeten und Partner geworben: Ob die von ihm geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko, die angekündigte Aufkündigung internationaler Handelsverträge und Klimaschutzabkommen oder die Relativierung der Beistandspflicht in der NATO – Grundton von Trumps Außenpolitik ist das Plädoyer für Abschottung. Dieses Konzept ist zwar angesichts einer immer enger zusammenwachsenden Welt völlig anachronistisch, hat aber die Anziehungskraft einer scheinbar einfachen Lösung aller Probleme.

3) Gesellschaftliche Polarisierung
Trump hat kühl kalkulierend gezielt einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt, um sich die weiße männliche Bevölkerung insbesondere aus dem Arbeitermilieu und der Landbevölkerung als Machtbasis zu sichern. Diese identifizierte sich umso stärker mit ihm je eindeutiger er Minderheiten von Hispanics bis zu Moslems attackierte. Dabei scheute Trump auch vor rassistischen Anspielungen nicht zurück und instrumentalisierte dafür die Einwanderungsfrage – mit dem widersinnigen Effekt, dass die Kinder von Einwanderern in der Einwanderung eine Gefahr sahen. Um des Wahlerfolgs willen hat Trump eine tiefe Spaltung der Gesellschaft in Kauf genommen, die auf ihn als Präsident zurückfallen wird.

4) Politischer Fanatismus
Von ihm dazu ermutigt wurden die Anhänger Trumps im Laufe seiner Wahlkampagne immer fanatischer. Die Stimmung bei seinen Kundgebungen wurde immer aufgeheizter – und Trump fachte dies bewußt immer neu an. Aber auch seine Mitarbeiter von den eigenen Söhnen über den früheren New Yorker Bürgermeister Giuliani bis hin zu seinen Wahlkampfmanagern entzogen sich dem politischen Dialog durch eine Endlosschleife der immer gleichen Phrasen. Was bei Trump selbst manchmal noch wie laienhaftes politisches Entertainment wirkt, stellt sich bei seinem Gefolge als geradezu demonstrative Verbohrtheit dar. Der für die Demokratie so essentielle wechselseitige Respekt („agree to disagree“) wurde von Trump schwer beschädigt.

5) Verrohung der Sitten
Der 15-monatige Wahlkampf von Donald Trump war eine ständige Aneinanderreihung von gezielten politischen Tabubrüchen, kalkulierten persönlichen Beleidigungen und bewußt verbreiteten Unwahrheiten. Es ging ihm um das Auffallen um des Auffallens wegen – nicht zuletzt auch bei Trumps vielen dezidiert frauenfeindlichen Äußerungen. Die Medien – insbesondere die verschiedensten Fernsehsender – ließen sich bereitwillig einspannen, denn die Gier des Publikums nach immer neuen Grenzüberschreitungen garantierten hohe Einschaltquoten. Trump brauchte keine Werbespots, er war mit seinen Ausfällen Bestandteil des regulären Programms. Eltern werden sich künftig bei einem „So etwas tut man nicht“ darauf einrichten müssen, dass die Kinder sich unter Berufung auf den Präsidenten daneben benehmen. Der Schaden für ein friedliches und respektvolles Miteinander unübersehbar.
Gerade für Freunde Amerikas sind diese mit Trump einhergehenden und von ihm bewußt eingesetzten Entwicklungen eine besondere Herausforderung, denn sie sind Wasser auf die Mühlen des Anti-Amerikanismus. Umso wichtiger wird es sein, dass das „andere Amerika“ sichtbar bleibt und sich nicht versteckt. Der amerikanische Präsident hat eine große Machtfülle, aber unbegrenzt ist seine Macht nicht.

Im politischen System der „checks and balances“ wird es dabei vor allem auf die Republikaner ankommen, die in den beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit stellen. Ob sie der damit verbundenen Verantwortung nachkommen werden, kann keineswegs als selbstverständlich gelten: Es handelt sich nämlich um die gleichen Abgeordneten, die es ohne großen Widerstand zugelassen haben, dass ihre Partei von Trump gekidnappt wurde. Inhaltlich hat Trumps Ansatz nämlich mit traditionellen republikanischen Programmen nicht zu tun.

Im gesellschaftlichen Bereich liegt es an den Amerikanern, deutlich zu machen, dass Trump nicht typisch für Amerika ist – und an uns, das bei allem Entsetzen über das Wahlergebnis nicht aus dem Auge zu verlieren.

Dr. Stephan Eisel (1955) war als Mitglied des Deutschen Bundestages bis 2009 Mitglied im Euro­paausschuss und u. a. 1983- 1992 zunächst als Redenschreiber und dann als stv. Leiter des Kanzlerbü­ros Mitarbeiter von Helmut Kohl. Seit 2010 ist er in der Konrad-Adenauer-Stif­tung Projektleiter für „Internet und Demokratie“ so­wie „Bürgerbeteiligung“. Er ist ver­ant­wortlicher Redak­teur des Blogs für politisches Handeln aus christlicher Verantwortung kreuz-und -quer.­de

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