Hanno Weinert-Sprissler regt mit der Kölner Kircheninitiative eine stärkere Einbeziehung von katholischen Laien bei der anstehende Kölner Bischofswahl an.
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Hanno Weinert-Sprissler
Gläubige bei Bischofswahlen ernster nehmen
Am 25.12.2013 wird der Kölner Kardinal Joachim Kardinal Meisner 80 Jahre alt und hat deshalb bereits im September 2013 sein Rücktrittsgesuch bei Papst Franziskus eingereicht. Eine offizielle Reaktion des Papstes gibt es bisher noch nicht. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass das Gesuch des Kölner Erzbischofs angenommen wird.
Damit steht eine der wichtigsten Personalentscheidungen in der Kirche Deutschlands an: Die Neubesetzung des Erzbischöflichen Stuhls in Köln. Diese hat weit über die Kölner Bistumsgrenzen hinaus reichende Bedeutung. Nicht nur, weil das Erzbistum Köln als eines der finanzkräftigsten Bistümer der Welt enormen Einfluss in der Weltkirche besitzt; dies hat die Vergangenheit mit den Erzbischöfen Meisner, Höffner oder Frings deutlich gezeigt. Vor allem aber gibt der Erzbischofs in seinem Bistum den Handlungsspielraum für die und in den Gemeinden vor.
Das Kölner Domkapitel aus 15 wahlberechtigten Priestern hat gemäß Artikel 6 Abs. 1 des Vertrages (Konkordats) zwischen dem damaligen Freistaat Preußen und dem Heiligen Stuhl vom 14. Juni 1929 unter Einbeziehung der nichtresidierenden Domkapitulare das Recht, eine Liste mit geeigneten Kandidaten aufzustellen und an den Heiligen Stuhl zu übermitteln. Diese Liste muss mindestens drei Kandidaten enthalten, die das Domkapitel zuvor in freier und geheimer Wahl mehrheitlich bestimmt hat.
Unter Würdigung der Vorschläge des Domkapitels benennt der Heilige Stuhl drei Personen, aus denen das Domkapitel dann in freier und geheimer Wahl den Erzbischof zu wählen hat. Dabei können sich in diesem Dreiervorschlag auch solche befinden, die nicht auf der von dem Domkapitel eingereichten Liste gestanden haben. Das betraf 1988/89 den heutigen Kardinal Meissner und führte zum Konflikt zum Köln und Rom. Das Domkapitel verweigerte damals zunächst die Wahl und lenkte (mit 6 Ja-Stimmen und zehn Enthaltungen) erst ein, als der Vatikan die Ernennung des Bischofs ohne Votum des Domkapitels androhte.
Bevor das Domkapitel dem Vatikan seine Dreier-Liste übermittelt, kann das Domkapitel Vertreter aus dem Laien-, Priester- und Ordensstand als Einzelpersonen befragen, um Hinweise auf mögliche Kandidaten zu erhalten. Bei der Wahl selbst sind die Katholiken des Erzbistums Kölns nicht einbezogen.
Hier setzt die Anfang Dezember 2013 gegründete „Kölner Kircheninitiative“ (KKI) an. Ihr Ziel ist es, die Wahl des neuen Erzbischofs nicht ausschließlich dem Domkapitel zu überlassen, sondern eine Mitbestimmung der Katholiken des Erzbistums Köln bei dieser wichtigen Personalentscheidung zu erwirken. Dies soll sowohl für die an den Heiligen Stuhl zu sendende Vorschlagsliste wie auch für die Wahl des Erzbischofs auf der Grundlage der aus Rom erhaltenen Liste gelten.
Den Initiatoren geht es ausdrücklich nicht darum, irgendjemandem die Kompetenzen abzusprechen oder zwischen „denen da oben“ und „den anderen da unten“ zu polarisieren. Es geht auch nicht um eine Kritik an Kardinal Meisner oder die Unterstützung bestimmter Kandidaten. Es geht ausschließlich um das Wahlverfahren und die Beteiligung des Kirchenvolkes dabei. Dieser Wunsch nach mehr Mitbestimmung wird längst von Menschen in allen Ebenen der Kirche unterstützt. Es dürfte auch für das Domkapitel eine große Entlastung sein, zu wissen, dass die Katholiken des Erzbistums mehrheitlich hinter dem neuen Bischof stehen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten diese Mitbestimmung durch die Katholiken Kölns ganz konkret aussehen könnte. Die rund zwei Millionen Katholiken im Erzbistum Köln könnten direkt oder indirekt, z.B. durch Wahlmänner und -frauen wählen. Alternativ könnten die diözesanen Beratungsgremien diese Aufgabe übernehmen. Das sind zuerst die offiziell eingerichteten wie der Priesterrat und der Diözesanpastoralrat sowie der Diözesanrat. Zusätzlich sollten noch Elemente einbezogen werden, die die Pfarrgemeinderäte, Dekanatsräte, die Vertretung der Ständigen Diakone (Diakonenkonferenz) und der Pastoral- oder Gemeindereferenten berücksichtigen.
Auf einer möglichst breiten Basis stünde eine Bischofswahl idealerweise dann, wenn sich die Wahl- und Entscheidungsberechtigten – also das Domkapitel – verpflichten, nur solche Kandidaten in die Vorschlagsliste an den Heiligen Stuhl aufzunehmen, die zuvor von den Katholiken des Erzbistums gewählt wurden. Das hätte auch den Vorteil, dass die Verantwortung für diese wichtige Entscheidung nicht nur auf den Schultern einiger weniger lastete, sondern von allen mitgetragen würde.
Am Kölner Beispiel könnte die Kirche einen neuen Schritt gehen, aber es geht hier nicht um eine regionale Sonderregelung: Demnächst sind in Deutschland fünf Bischofsstühle neu zu besetzen sind. Dort stellt sich die Frage der Mitbestimmung genau so, wie in Köln. Dabei lässt sich an altchristliche Überlieferungen anknüpfen: So vertrat Papst Cölestin I. (422–432) den Grundsatz, dass niemand gegen den Willen der Gemeinde zum Bischof bestellt werden soll. Papst Leo der Große (440–461) betont in einem Schreiben, dass man als Bischof den vorziehen soll, „auf den sich in einträchtigem Verlangen die übereinstimmende Mehrheit von Klerus und Volk gerichtet hat“.
Hanno Weinert-Sprissler (1967) wurde 2009 zum Diakon geweiht und ist seit 2012 hauptamtlicher Diakon im Erzbistum Köln. Er war zuvor Verlagsbuchhändler und Grafikjournalist und hat in den Redaktionen des Kölner Stadt-Anzeigers und der Nachrichtenagentur Reuters gearbeitet, bis er sich 1999 mit einer eigenen Agentur selbstständig machte. Angeregt durch persönliche Erlebnisse mit Krankheit, Sterben und Tod sowie durch die ehrenamtliche Arbeit auf einer Kölner Palliativstation hatt er 2005 die Ausbildung am Diakoneninstitut in Köln begonnen.