ALTERSICHERUNG AUS CHRISTLICHER VERANTWORTUNG

Thomas Bareiß MdB begründet den Generationenvertrag aus dem christlichen Menschenbild.

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Thomas Bareiß 

Alterssicherung aus christlicher Verantwortung

„Du sollst Deinen Vater und Deine Mutter ehren, wie Dir der HERR, Dein Gott, geboten hat, auf dass Du lange lebest und dass Dir’s wohl gehe in dem Lande, das Dir der HERR, Dein Gott, geben wird.“ (2. Mose 20,12 / vgl. 5 Mose 5,16).

Das Vierte Gebot mahnt uns, die Eltern aber auch die nicht mehr leistungsfähigen älteren Menschen zu ehren. Nach christlichem Verständnis sind ältere Menschen in ihrem Anspruch, auf Ansehen ih­rer Würde und ihrem Lebenswerk zu achten und im Alter zu versorgen. Dies umfasst auch das Be­dürfnis nach materieller Sicherheit, denn die Sicherstellung materieller und geistiger Existenzgrund­lagen ist für die menschliche Freiheit essenziell.

Der Gedanke des Vierten Gebotes ist auch heute noch aktuell. Er ist in Form des sogenannten Gene­rationenvertrages und der darauf aufbauenden wichtigsten Säule unseres Rentensystems, der gesetz­lichen Altersversicherung, das Fundament unseres Sozialsystems. Mit dem Generationenvertrag wird der unausgesprochene „Vertrag“ zwischen der beitragszahlenden und der rentenbeziehenden Generation bezeichnet. Die monatlich von Arbeitnehmern und Arbeitgebern geleisteten Zahlungen in die staatliche Rentenkasse dienen der Finanzierung der laufenden Rentenzahlungen. Als Konse­quenz erwartet die arbeitende und somit zahlende Generation ihrerseits, dass auch ihre Rente durch die Beitragszahlungen der nachfolgenden Generation gesichert ist. Der Generationenvertrag stellt demnach eine staatlich geleitete Unterhaltspflicht gegenüber älteren Mitbürgern dar.

Jedoch machen die aktuellen Diskussionen um die Zukunft des Sozialstaats und des deutschen Ren­tensystems deutlich, dass der Generationenvertrag auf dem Spiel steht. Hierfür sind nicht zuletzt der demografische, wirtschaftliche und soziale Wandel verantwortlich. Die Sorge für die Alten wird mehr und mehr zu einer sozialpolitischen Gestaltungsaufgabe. Eine Änderung des Generationenver­trages scheint infolgedessen unumgänglich. Daher stellt sich die Frage nach einer für alle Genera­tionen tragbaren Lösung. Bei der Suche nach einer gerechten Lösung dürfen gerade christliche Wer­te nicht außer Acht gelassen werden.

Die Schwierigkeit besteht in der heutigen Zeit darin, dass sich eine staatliche Alterssicherung nicht mehr unmittelbar auf den Solidaritätsgedanken stützen lässt. Denn die Anzahl der Rentenbezieher wird zukünftig höher sein als die der Beitragszahler. Eine für alle tragbare Lösung kann nur auf For­derungen der Gerechtigkeit gestützt werden, denn auf diesem Grundgedanken basiert auch heute noch unsere gesellschaftliche Ordnung.

Gerade im Hinblick auf das Prinzip der Gerechtigkeit liegt die Verantwortung für die Alterssiche­rung zunächst beim Einzelnen. Es ist unerlässlich eigene Leistungen im Rahmen der Vorsorge für die Sicherung seines Alters zu erbringen; denn diese ist jeder Einzelne der Gesellschaft und nicht zuletzt sich selbst schuldig. Die gesetzliche Rentenversicherung bezieht ihre Gültigkeit schließlich insbesondere daraus, dass höhere geleistete Beiträge auch höhere Rentenzahlungen zur Folge haben. Wer lange arbeitet und gegebenenfalls noch privat vorsorgt, muss im Alter mehr bekommen, als der, der dies nicht leistet.

Dieser Anspruch wird durch die gegenwärtig gültige Grundsicherung im Alter verletzt. Die Grund­sicherung ist zwar keine Rentenart, sondern eine Sozialleistung und greift, wenn die Rente nicht für den Lebensunterhalt ausreicht. Sie verletzt das Prinzip der Gerechtigkeit jedoch dadurch, dass sämt­liche erworbenen Rentenansprüche zwischen null und der Höhe der Grundsicherung verloren ge­hen.

Auch die derzeit viel diskutierte Mindestrente muss kritisch betrachtet werden. Ihre Einführung könnte die Legitimation der gesetzlichen Rentenversicherung sogar den Boden entziehen, wenn sie nur die Leistung erbringen würde, die in anderen Sicherungssystemen ohnehin beitragsfrei bezogen werden könnten. Jedenfalls würde die Honorierung der Leistung des Einzelnen entfallen und hier­durch seine persönliche Freiheit geschmälert werden.

Als Lösungsansatz wird daher unter anderem die Wiedereinführung der Rente nach Mindestein­kommen gefordert. Dabei werden unterdurchschnittliche versicherungspflichtige Einkommen im Nachhinein um die Hälfte auf maximal 75 Prozent der Durchschnittsentgelts hoch gewertet. Als Vorbedingung gilt, dass 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorliegen müssen. Das umfasst etwa auch Zeiten der Arbeitslosigkeit oder der Kindererziehung. Jedoch gleicht auch die Rente nach Min­desteinkommen die Verletzung dieses Prinzips der Gerechtigkeit nur für Rentenansprüche oberhalb der Grenze von Zweidritteln der Grundsicherung aus. Die Einführung der Rente nach Mindestein­kommen würde damit letztlich zu einer „stumpfen Beschneidung“ auf die Zweidrittel-Grenze füh­ren, die zur Folge hätte, dass ungleiche Beiträge wiederum gleich hohe Rentenzahlungen zur Folge hätten.

Die private Altersvorsorge kann, gerade auch nach christlichem Verständnis, nicht die alleinige Al­ternative zu einer gemeinschaftlich organisierten Alterssicherung sein. Sie stellt dennoch einen not­wendigen und unentbehrlichen Bestandteil der Altersvorsorge dar. Als Mitglied der Gemeinschaft trägt jeder die Pflicht, Vorsorge für das Alter zu üben, um die eigene Familie, das Gemeinwesen und die Solidargemeinschaft zu entlastet. Das Bewusstsein für die Eigenverantwortung als Ausdruck so­lidarischer Verbundenheit muss deshalb gefördert werden. Hier ist es die Aufgabe der Politik, für mehr Transparenz bei der privaten Altersvorsorge zu sorgen.

Auch die christliche Verantwortung ge­bietet es dafür Sorge zu tragen, dass Menschen, die ein Leben lang gearbeitet oder gesellschaftlich relevante Leistungen erbracht haben, wie beispielsweise die Kindererziehung oder Pflege Angehöri­ger, einen angemessenen Rentenanspruch erhalten und besser gestellt werden, als diejenigen, die nicht gearbeitet oder die Altersvorsorge vernachlässigt haben.

Thomas Bareiß  (1975), ist Mitglied des Deutschen Bundestages und Koordinator für Energiepolitik der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion. Er gehört der „Jungen Gruppe“ der CDU/CSU-Bundestags­fraktion an und ist seit 2011 Bezirksvorsitzender der CDU Württemberg-Hohenzollern. Ehrenamt­lich ist u.a. Mitglied des Verwaltungsrates der Johanniter-Schwesternschaft e.V. sowie Beirat in der Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen e.V., Berlin.

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