Ist das „C“ politikfähig?
In dem Internetforum „kreuz-und-quer.de“ klopfen prominente CDU-Politiker die Politik auf ihre Vereinbarkeit mit christlichen Werten ab. Bewusst absetzen wollen sich die Macher des Meinungsportals von „rückwärtsgewandten“ Tendenzen.
Es ist ein illustrer Kreis von Herausgebern, den der ehemalige Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) Friedrich Kronenberg und der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Thomas Sternberg da um sich versammelt haben. Neben Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bildungsministerin Annette Schavan und ZdK-Präsident Alois Glück sind mit Dieter Althaus, Erwin Teufel und Bernhard Vogel gleich drei ehemalige Ministerpräsidenten mit an Bord. Auch drei amtierende CDU-Staatssekretäre machen mit. Sie alle wollen aktuelle, gesellschaftspolitische Fragen – etwa die Sozial-, Familien- oder die Wirtschafts- und Finanzpolitik wieder deutlich mehr mit Blick auf die Grundwerte diskutieren, als immer nur nach Machbarkeit und Mehrheiten zu schielen.
Viele „Promis“ an Bord: neben Lammert und Glück auch drei Ex-Länderchefs
„Wir wollen über Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit sprechen, und darüber wie politikfähig das ‚C‘ heute noch ist“, sagt Stephan Eisel, der Chefredakteur von „kreuz-und-quer.de“. Der Christdemokrat, der von 2007 bis 2009 als Nachrücker im Bundestag saß, verdient seine Brötchen als Projektbeauftragter bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Für „kreuz-und-quer“ arbeitet er, wie alle anderen Autoren auch, ehrenamtlich. Mit dem Internet ist Eisel als Autor von gleich vier verschiedenen Blogs bestens vertraut. Vor kurzem hat er – nach seiner Kohl-Biografie „Nahaufnahme“ – das Buch „Internet und Demokratie“ veröffentlicht. „Vor 20 Jahren hätte man noch eine Zeitung herausgegeben“, sagt Eisel. „Heute ist es eben ein Blog.“
„Wir haben eine zukunftsweisende, nicht rückwärtsgewandte Orientierung“
Aktuell diskutiert werden auf „kreuz-und-quer“ Themen wie das Betreuungsgeld, das neue Gesetz zur Sterbehilfe, die Finanzpolitik, die Beschneidungsdebatte und vor allem der Aufruf „Ökumene Jetzt“, den etliche Herausgeber des Portals unterzeichnet haben. In einem Beitrag zur Entwicklungspolitik wird die Regierung aufgefordert, sich wieder mehr an den Menschenrechten zu orientieren als an wirtschaftlichen Interessen. Einer der prominentesten Autoren des Portals ist der Jesuit Klaus Mertes, der bereits entscheidend an der Aufdeckung und Aufarbeitung des Missbrauchsskandals beteiligt war.
Familienstaatssekretär Hermann Kues arbeitet sich in einem Aufsatz an dem nicht immer konfliktfreien Verhältnis deutscher Bischöfe zu christlichen Politikern ab. Er ruft die Kirche auf, sich wieder hörbarer zu Themen wie der Armutsbekämpfung oder den Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu positionieren, anstatt sich auf Fragen des Lebensschutzes zu konzentrieren.
„In den Beiträgen wollen wir prononciert Meinung beziehen und eine Diskussion auslösen“, sagt Eisel. Zwar ist das Echo auf die Artikel des Anfang September 2012 gestarteten Portals noch recht überschaubar. Doch der Chefredakteur gibt sich optimistisch: „Das Ganze muss sich erstmal rumsprechen.“
Ihr Webreporter Andreas Kaiser