GRUNDWERTE IN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT

Tanja Gönner betont als neue Vorstandssprecherin Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Bedeutung der Menschenrechte in der Entwicklungszusammenarbeit.

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Tanja Gönner 

Grundwerte in der Entwicklungszusammenarbeit 

Hunger, Armut, Klimawandel, Verknappung von Ressourcen, Finanz- und Wirtschaftskrise, Bürgerkriege und Terrorismus – mit welchen Herausforderungen wir konfrontiert sind, kann man täglich in der Zeitung nachlesen oder im Fernsehen verfolgen.

Armut und soziale Ungerechtigkeit auf der Welt zu reduzieren, ist ein Gebot der Solidarität mit denen, die gegenwärtig keine Möglichkeit haben, ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, und deshalb eine zentrale Begründung für Entwicklungszusammenarbeit. Durch Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten können viele Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern ihre Chancen auf eigene Entwicklung erhöhen.

Neben der Solidarität mit dem ärmeren Teil der Weltbevölkerung ist ein zweiter wesentlicher Grund für Entwicklungszusammenarbeit die Suche nach gemeinsamen Lösungen für regionale oder globale Herausforderungen wie Klimawandel, Reduzierung der Artenvielfalt und anderer Ressourcen, Sicherheitskonflikte und fragile Staatlichkeit, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung. Diese Themen, gerade auch der Erhalt globaler öffentlicher Güter wie Klima, Umwelt und Sicherheit, erfordern ein gemeinsames Handeln von Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern. Sie rückten nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro immer stärker in den Fokus der Entwicklungszusammenarbeit. Im entwicklungspolitischen Konzept des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wird deshalb „eine zukunftsfähige globale Entwicklung“ als Leitbild der deutschen Entwicklungspolitik bezeichnet.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit basiert auf Grundwerten. 1991 wurden vom BMZ unter Leitung von Bundesminister Spranger die sog. „Spranger“-Kriterien definiert,  die unabhängig von Regierungswechseln seit über 20 Jahren in ihren Grundzügen Gültigkeit haben: Beachtung der Menschenrechte, Beteiligung der Gesellschaft am politischen Prozess, Gewährleistung von Rechtssicherheit, Schaffung einer marktorientierten Wirtschaftsordnung und Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns.

Die „Spranger“-Kriterien betonten die Werteorientierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und unterstrichen ihre politischen Dimensionen. Die Beratung und Unterstützung von Reformen zur Verbesserung der Regierungsführung (Good Governance) wurde ein immer wichtigeres Thema für die Entwicklungszusammenarbeit, z.B. im Bereich der öffentlichen Finanzen zur Verminderung von Ineffizienz und Korruption oder im Bereich der Justiz zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit. Mit dem Konzept „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“ hat das BMZ 2011 die Bedeutung der Menschenrechte für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit noch einmal bekräftigt.

Werte und Interessen sind in meinen Augen im Übrigen keine Gegensätze. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP spricht deshalb davon, dass „in der Verfolgung der Ziele unserer Entwicklungspolitik unsere Werte und Interessen gleichermaßen zum Ausdruck kommen“, weil das Engagement für die gemeinsame Bewältigung globaler Krisen wie Klimawandel oder Finanz- und Wirtschaftskrise und für die gerechte Gestaltung der Globalisierung nicht nur im Interesse unserer Partnerländer, sondern auch im deutschen Interesse ist.  Der Klimawandel, der schon heute viele Partnerländer in starkem Maße betrifft und zur Zunahme von Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürmen führt, macht vor unseren Grenzen ebenso wenig halt wie die Flüchtlings- und Migrationsströme, die durch Armut und Perspektivlosigkeit, politische Unterdrückung und Bürgerkriege sowie Umweltkrisen und Naturkatastrophen verursacht werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH setzt sich im Auftrag der Bundesregierung weltweit für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen ein und leistet einen Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist dabei der wichtigste Auftraggeber der GIZ. Darüber hinaus ist die GIZ für weitere Bundesressorts, für Bundesländer und Kommunen sowie für öffentliche und private Auftraggeber im In- und Ausland tätig. Als Bundesunternehmen in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung agiert sie auf der Grundlage des Grundgesetzes, insbesondere der darin enthaltenen menschenrechtlichen Garantien. Die Unternehmenswerte als Teil des Leitbildes der GIZ basieren auf dem Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung. Die GIZ geht davon aus, dass nur das Zusammenspiel von sozialer Gerechtigkeit, ökologischem Gleichgewicht, politischer Teilhabe und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit heute und zukünftig ein Leben in Sicherheit und Würde ermöglicht.

Deshalb hat die GIZ in ihrer Arbeit ökologische, ökonomische, soziale und politische Aspekte gleichermaßen im Blick. Sie fördert ein enges Zusammenwirken von Staat, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft und unterstützt Menschen, Organisationen und Gesellschaften bei ihren Veränderungsprozessen hin zu einer nachhaltigen Entwicklung, die nicht als einmal erreichtes Ziel, sondern als permanenter Such- und Aushandlungsprozess verstanden wird.

Die Werteorientierung der GIZ drückt sich in ihrer gesamten Arbeit aus, alle Vorhaben in allen Geschäftsbereichen folgen dem Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung. Darüber hinaus gibt es Projekte und Programme, die sich speziell mit der Umsetzung von Menschenrechten beschäftigen. Im Rahmen des GIZ-Projektes „Stärkung der Kapazitäten des Afrikanischen Menschenrechtsgerichtshofs“ wurde beispielsweise der Aufbau dieses neuen Organs innerhalb der Afrikanischen Union unterstützt, damit auch in Afrika eine regionale Justizinstanz zum Schutz der Menschenrechte existiert.

 

Tanja Gönner ist seit Juli 2012 Vorstandssprecherin der GIZ. Von 2005 bis 2011 war sie Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg, von 2002 bis 2004 Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Seit 2000 ist sie Mitglied im Bundesvorstand der CDU. 

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