Sybille Möller-Fiedler plädiert dafür, dass sich die CDU immer wieder vergegenwärtigt, dass sie eine auf den klaren Werten des christlichen Menschenbilds beruhende Politik als Volkspartei erfolgreich macht.
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Sybille Möller-Fiedler
Alleinstellungsmerkmal „C“
Nicht nur gelegentlich werden Stimmen laut, die behaupten, dass zu wenig erkennbar sei, für welche Politik die CDU stünde. Was aber ist „richtige“ CDU-Politik?
Um gleich mit einem Irrtum aufzuräumen: Die CDU ist keine konservative Partei sondern eine christdemokratische, auf deren wertebasierten Fundament sich christlich-soziale, konservative und liberale Säulen finden. Diese Vielfalt macht das Wesen der CDU als Volkspartei aus. Ausgangspunkt ist dabei die Würde des Einzelnen, begründet durch die in den Evangelien verwurzelte Gleichheit aller Menschen. Die Vielfalt der CDU-Mitglieder spiegelt sich wider in unterschiedlichen Sichtweisen, Meinungen und Interessen. Als Partei bildet die CDU wesentliche Teile der Gesellschaft ab und im Ringen um bestmögliche Lösungen wird deutlich, dass es absolute Wahrheiten nicht gibt. Diese wertebasierte Politik ist nicht populistisch, weil sie sich an Grundüberzeugungen orientiert und nicht an aktuellen politischen Stimmungen.
Die CDU wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Ausgangspunkt dieser völlig neuen Partei waren die Erfahrungen mit dem unmenschlichen Dritten Reich. Viele der Gründungsväter hatten im Dritten Reich unter Verfolgung gelitten und sich bereits im nationalsozialistischen Deutschland Gedanken über eine Nachkriegsordnung gemacht. Sie alle einte die Ablehnung von Kommunismus und Totalitarismus und ihre Grundlage war die christliche Ethik, die wiederbelebt werden sollte. Die Volkspartei war geboren und die Wertebasis bestehend aus Freiheit, Verantwortung, Gerechtigkeit und Solidarität wurde zur Grundlage christdemokratischer Politik. Diese Wertebasis ist bis heute das tragende Fundament, sie ist unideologisch und lehnt – aufgrund der Fehlbarkeit des Menschen – absolute Wahrheitsansprüche ab. Sie führt zu einer Politik, die sachorientiert ist und das Wohl aller zum Ziel hat. Sie ist weder klientelorientiert noch Themenpartei. Das unterscheidet sie von allen anderen Parteien, die entweder bestimmte Gruppen (SPD, FDP) oder Themen (Grüne) vorrangig im Fokus haben oder ideologisch sind (Linke, AfD).
Demokratie, auch innerparteiliche Demokratie, ist ohne Kompromisse nicht denkbar. Jedes Mitglied der CDU hat diese Erfahrung gemacht und „Kröten“ geschluckt. Die innerparteiliche Demokratie ist aber gefährdet, wenn Mehrheitsentscheidungen bei Nichtgefallen infrage gestellt werden. So ist es ist wenig hilfreich, wenn nach einer Abstimmung gewählter Delegierter, behauptet wird, die Basis wäre anderer Meinung. Eine derartige Haltung höhlt gewählte Mehrheiten und damit demokratische Strukturen aus. Das gleiche gilt für die Abwertung gewählter Führungen als Eliten oder Establishment.
Zum christlichen Verständnis des Menschen gehört, dass der Einzelne Teil einer Gemeinschaft ist. Gemeinschaft bedarf dabei der Führung. Diese kann nach christdemokratischem Verständnis nur im Team funktionieren, Minderheitenmeinungen müssen eingebunden werden und müssen sich einbinden lassen. Gemeinschaft bedeutet auch Zusammenhalt.
Wir leben in einer Zeit dramatischer Umbrüche: Ein Virus stellt existenzielle Sicherheiten infrage, der Klimawandel erzeugt Ängste. Globalisierung und Digitalisierung bedeuten, dass wir uns nicht mehr im liebgewonnenen nationalen Kontext bewegen und der demografische Wandel stellt die sozialen Sicherungssysteme vor Herausforderungen. Das Maß an Verunsicherung ist groß. Je komplizierter es aber wird, desto größer ist der Wunsch nach einfachen Lösungen. Hier ist es die Aufgabe der Christdemokratie immer wieder zu betonen, dass es diese einfachen Lösungen nicht gibt, dass diese in eine Sackgasse führen. Sachgerecht ist nur eine ganzheitliche Politik auf einer klaren Wertegrundlage.
Gerade in einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft (bleibt das so oder wird Religion wieder eine stärkere Bedeutung erlangen?) ist die Betonung der christlichen Werte, sind Freiheit und Verantwortung, Solidarität und Gerechtigkeit als Grundlage politischen Handelns umso bedeutsamer. Für ein politisches Handeln auf dieser Grundlage muss man nicht christlichen Glaubens sein. Auch säkulare Menschen, Muslime, Juden oder Angehörige anderer Religionen können das christliche Menschenbild, die unveräußerliche Würde eines jeden Einzelnen und die daraus resultierenden Werte teilen.
Wir werden als CDU dann erfolgreich sein, wenn wir uns alle auf der gleichen Grundlage versammeln, unsere jeweiligen Sichtweisen einbringen, um bestmögliche Lösungen ringen und den Kompromiss, der dann gefunden wird, akzeptieren. UND wenn wir für diese Modell des demokratischen Kompromisses immer wieder werben. Es ist die auf dem christlichen Menschenbild, auf klaren Werten beruhende Politik, die die CDU als Volkspartei erfolgreich macht. Dies sollten wir uns immer wieder vergegenwärtigen.
Sybille Möller-Fiedler (1960), Diplom-Volkswirtin, seit über 40 Jahren Mitglied in der CDU, in der Ära Kohl Referentin in der CDU-Bundesgeschäftsstelle; aktuell engagiert sich die Mutter dreier Kinder in der CDU u.a. als Landesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU Hamburg (EAK) und im EAK Bundesvorstand.