DIE RENTE VON MORGEN – NUR EIN FROMMER WUNSCH

Lisi Maier fordert als Vorsitzende des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) Solidarität zwischen Jung und Alt, aber auch zwischen Arm und Reich.

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Lisi Maier

Die Rente von morgen – nur ein frommer Wunsch ?

Meine Großeltern haben beide das Glück im hohen Alter gesund und aktiv zu sein. Sie genießen es, im wohlverdienten Ruhestand an sonnigen Nachmittagen vor ihrem Haus in der Sonne zu sitzen. Und wenn ich sie so sehe, beschleicht mich die Befürchtung: Das Leben, welches meine Großeltern heute völlig zu Recht führen, wird nicht das meiner Generation und der mir nachfolgenden Generationen im Alter sein.

Nach einer Berechnung des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung wird bereits 2035 die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland im Rentenalter sein. Dies belastet die junge Generation von heute gleich doppelt: Zum einen werden die heute Jungen einen erhöhten Rentenbeitragssatz zahlen und zugleich hinnehmen müssen, dass ihr eigenes Rentenniveau deutlich sinkt. Aktuell müssen junge Frauen und Männer über 35 Jahre lang mindestens 2.500,- € brutto verdienen, um im Alter auf 688,- € Rente im Monat zu kommen. 688,- €, das ist nach dem heutigen Stand nicht genug um seinen Lebensunterhalt im Rahmen des soziokulturellen Existenzminimums zu bestreiten. Wenn bereits 2.500,- € Bruttoverdienst für eine angemessene Rente nicht ausreichen, bedeutet das für viele Niedrigverdienerinnen und -verdiener, die für weniger Entgelt ein Erwerbsleben lang hart gearbeitet haben, im Alter den Gang zum Sozialamt.

Laut einer aktuellen Studie von TNS Infratest fürchten sich schon heute über 60 % der 17- bis 27- Jährigen davor im Alter zu verarmen. Von Aufbruchsstimmung und einer bejahenden Lebenseinstellung sind also viele mit Blick auf das Alter weit entfernt.

Viele junge Frauen und Männer, die frisch in das Berufsleben einsteigen, müssen längere Praktika und prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit niedrigen Löhnen, befristeten Arbeitsverträgen und ungewollter Teilzeitarbeit hinnehmen. Die wiederum führen zu lückenhaften Erwerbs- und im Anschluss auch Versicherungsbiographien. Wenn die Zahl der Niedrigentlohnten steigt und das Rentenniveau weiter sinkt, lässt das die junge Generation von heute an der Zukunftsfähigkeit des aktuellen Rentensystems zweifeln und das Interesse an der Altersvorsorge sinkt, weil man „sowieso keine Rente mehr bekommt“.

Die Geringverdienerinnen und -verdiener von heute sind die Verliererinnen und Verlierer des Rentensystems von morgen, insbesondere in einer Gesellschaft, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft wie aus dem aktuellen Armut- und Reichtumsbericht deutlich hervorgeht. Das bestehende System manifestiert diese Entwicklung auch im Alter, weil es im Laufe der Erwerbsjahre dazu führt, dass diejenigen, die im Rahmen ihrer Erwerbstätigkeit bereits sehr gute Verdienste haben, privat auch gut vorsorgen können. Denn sie erhalten staatliche Zuschüsse und können weitere Geldanlagemöglichkeiten nutzen. Für diejenigen, die trotz Arbeit arm sind, bedeutet die derzeitige Entwicklung Armut am Rande des Existenzminimums, sie drohen in die Armutsfalle abzurutschen.

Von dieser Armutsfalle sind Frauen stärker betroffen als Männer, da die einseitige Rollenverteilung in der Erziehungsarbeit noch immer dazu führt, dass bei ihnen der erwerbsbiographische Bruch stärker ausfällt. Nach einer Erziehungspause haben sie große Schwierigkeiten wieder an ihr vorheriges Lohnniveau anzuknüpfen und müssen öfter auf Teilzeitbeschäftigungsmodelle ausweichen als junge Männer. Zudem verdienen Frauen weiterhin 22 % weniger als Männer, mit Blick auf ihre spätere Altersversorgung ein zusätzlicher Faktor, der Altersarmut weiblich macht.

Aber auch andere Teile der jungen Bevölkerung haben durch eine veränderte Arbeitswelt Probleme die staatlichen Zuschüsse bei der privaten Altersvorsorge zu nutzen. Darunter fällt auch eine hohe Zahl an Solo-Selbstständigen, die oftmals nicht genug verdienen, um ausreichend private Vorsorge betreiben zu können.

Doch alle Versuche, eine langfristig verantwortliche, gerechte und allen Generationen angemessene Politik im Rentensektor zu etablieren, unterliegen der Gefahr, im Zuge von Wahlen und damit einhergehenden Wahlversprechen dem kurzfristigen Wahlerfolg den Vorrang zu gewähren. Generationengerechtigkeit heißt auch, dass die Chancen zukünftiger Generationen auf Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse genauso groß sind wie die der heutigen Generationen. Für das Ziel einer wirklich gerechten Gesellschaft bedarf es tragfähiger Lösungen, die von der Vision einer solidarischeren Gesellschaft her gedacht werden.

Solidarisch sein heißt dabei, alle mit einzubeziehen und besonders beitragsstarken Gruppen nicht zu erlauben, sich extra abzusichern und sich damit aus der Solidargemeinschaft herauszulösen. Hierzu gehören eine Vielzahl von Verbeamteten, Selbstständigen, Freiberuflerinnen und Freiberuflern sowie Menschen, die von Kapitaleinkünften leben.

Im Zuge der Entwicklung einer generationengerechten und solidarischen Gesellschaft treten wir, als Bund der Deutschen Katholischen Jugend mit unserem aktuellen Beschluss „Gerechte Generationenpolitik, zukunftsfähig und solidarisch“, für eine bedingungslose Grundrente ein. Diese müsste aus Beiträgen aus allen Einkommensarten finanziert werden und existenzsichernd sein. Darüber hinaus erworbene Rentenansprüche könnten über paritätische Zahlungen von Arbeitnehmenden sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern aufgebaut werden. Eine Grundrente als Schritt auf die Vision einer gerechteren Gesellschaft macht die Gleichwertigkeit von Erwerbsarbeit, Familienarbeit, Bildungsarbeit und ehrenamtlichen Engagement konkret.

Die Rente von heute und damit auch einen wichtigen Teil des Solidarprinzips unserer Gesellschaft finanziere ich gerne mit, noch lieber, wenn ich das Gefühl habe, dass ich ein wirklich solidarisches System mittrage, das die Schwächeren auffängt. Aber nur in gelebter Solidarität zwischen Jung und Alt, aber auch zwischen Arm und Reich, können wir unsere Gesellschaft ein Stück solidarischer und damit auch besser machen.

Lisi Maier ist 29 Jahre alt und Vorsitzende des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ), dem Dachverband der katholischen Jugendverbände mit 660.000 Mitgliedern. Zuvor war sie ehrenamtlich Landesleiterin der Kolpingjugend in Bayern und beruflich als Politik- und Wirtschaftslehrerin tätig.

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