WARUM DIE DDR EIN UNRECHTSSTAAT WAR

 Bernhard Vogel erläutert zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, warum es keinen Zweifel geben kann, dass die DDR ein Unrechtsstaat war.

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Bernhard Vogel

Warum die DDR ein Unrechtsstaat war

Die DDR war ein Unrechtsstaat. Daran kann es keinen Zweifel geben. Daran darf es keinen Zweifel geben:

Ein Staat, der die Unantastbarkeit der Würde des Menschen leugnet, der auf zynische und unmenschliche Weise die Grund- und Menschenrechte missachtet, der für eine Partei einen totalitären Herrschaftsanspruch erhebt und ihn in seiner Verfassung festschreibt, der über keine unabhängige Justiz, kein Verfassungsgericht und keine Verwaltungsgerichte verfügt, keine freien Wahlen und keine unabhängigen Medien zulässt. Ein Staat, der seine Bürger durch ein Heer von offiziellen und inoffiziellen Stasi-Mitarbeitern rund um die Uhr bewachen lässt, der politische Häftlinge foltert, der seine Bürger hinter Mauer und Stacheldraht als Gefangene hält und sie mit der Schusswaffe daran hindert, das Land zu verlassen, ist ein Unrechtsstaat.

Auch in einem Rechtsstaat kann Unrecht geschehen. Aber das ist kein Gegenargument, denn der Bürger kann sich dagegen wehren. Er kann sich auf die Verfassung berufen, die Medien zu Hilfe rufen, vor Gericht ziehen.

Erst recht ist es kein Argument, wenn behauptet wird, wer die DDR als Unrechtsstaat bezeichne, stelle die Lebensleistung seiner Bürger in Frage. Das Gegenteil ist der Fall. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die Menschen in der DDR mussten unter ungleich schwierigeren politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen versuchen, mit ihrem Leben zurechtzukommen. Sie mussten versuchen, trotzdem ein anständiges Leben zu führen, Anpassung, Gleichstellung zu vermeiden, trotz des Unrechts, dem sie ausgeliefert waren, rechtschaffend zu bleiben. Dafür gebührt ihnen Dank und hohes Lob.

Wer leugnet, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, hat damit etwas ganz anderes im Sinn. Erst recht, wenn er davon nur notgedrungen und mühsam abrückt, um mögliche Koalitionspartner zu besänftigen, aber in gleichen Atemzug seine Aussage zu einer bloßen Protokollnotiz herabstuft. Er will glauben machen, es hätte in der DDR zwar Unrecht gegeben, die Führung habe Fehler gemacht, aber die Grundidee sei richtig gewesen: Der Sozialismus bleibe dem westlichen Liberalismus und der Demokratie überlegen. Wer unsere Gesellschaft verändern will, wer einen Systemwechsel propagiert, will an seinen sozialistischen Wurzeln, will an der marxistisch-leninistischen Ideologie festhalten. Herr Ramelow, der darum kämpft Thüringer Ministerpräsident zu werden, hat selbst gesagt, dass er „an bestimmten sozialistischen Visionen trotzig festhält“.

Nicht in der Absicht, einzelne Gesetze zu verändern oder Geld anders auszugeben, liegt die Gefahr. Sie liegt darin, dass die Enkel der SED, die ihre Rechtsnachfolger sein wollen, unter ihnen inoffizielle Mitarbeiter der Stasi, wieder das Sagen haben wollen. Sie wollen mit ihrer antifaschistisch-sozialistischen Weltsicht unsere freiheitlich- liberale parlamentarische Demokratie aus den Angeln heben. Zunächst auf leisen Sohlen und nur in einem Land der Bundesrepublik, aber mit dem festen Ziel vor Augen, früher oder später auch als Partner einer künftigen Bundesregierung. Die Landesvorsitzende der Thüringer Linken hat es mit entwaffnender Offenheit selbst gesagt: „Wenn in Thüringen ein linker Ministerpräsident regiert, dann verändert das nicht nur Thüringen, sondern die ganze Bundesrepublik.“ Wer das zulässt oder gar unterstützt, verrät die friedliche Revolution vor 25 Jahren. Wehret den Anfängen!

Bernhard Vogel (1932) hat in Heidelberg und München PolitischenWissenschaft, Geschichte, Soziologie und Volkswirtschaft studiert und war dann bis 1967 Lehrbeauftragter an der Universität Heidelberg, Er war von 1965 – 2004 Bundestags- bzw. Landtagsabgeordneter, Kultusminister in Rheinland-Pfalz (1967 – 1976) sowie Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz (1976- 1988) und Thüringen (1992 – 2003).. Außerdem war u. a. Vorsitzender des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (1972 – 1976) und der Konrad-Adenauer-Stiftung (1989 – 1995 und 2001 – 2009). Er gehört zu den Herausgebern von kreuz-und-quer.de

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